Das Tariftreuegesetz (was jetzt notwendig ist!)
Einleitung
Das Tariftreuegesetz in gemeinsamer Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie führt eine Bundestariftreueregelung ein.
Mit dem Bundestariftreuegesetz werden die (vermeintlichen) Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes beseitigt.
Es wird unterstellt, dass der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten eingeschränkt werden kann. Andere Faktoren werden dabei außer Acht gelassen.
Unternehmen müssen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig - wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen - tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren. Das Gesetz soll für öffentliche Aufträge ab einem geschätzten Auftrags- oder Vertragswert in Höhe von 50 000 Euro gelten.
Zweck
Tariftreueregelungen verfolgen sozialpolitische Zwecke: Der Staat ist im Vergabeverfahren gehalten, dem wirtschaftlichsten Angebot von Bietern bei einer öffentlichen Auftragsvergabe den Zuschlag zu erteilen. Dieser Wettbewerb soll jedoch nicht auf Kosten des Entgelts der Beschäftigten des öffentlichen Auftragnehmers erfolgen. Gleichzeitig sollen Flächentarifverträge gestützt werden. Eine Tariftreueregelung soll einerseits nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern die Vorteile eines Tarifvertrags zukommen lassen und andererseits Verzerrungen im Wettbewerb zwischen Bietern um Aufträge mit Tarifbindung und ohne Tarifbindung vermeiden.
Rückblick: Gesetzgebungshistorie in Deutschland
In Deutschland wurden konstitutive Tariftreueerklärungen zuerst in den 1990er Jahren von öffentlichen Auftraggebern in mehreren Ländern ohne gesetzliche Grundlage nach der Maßgabe von Verwaltungsvorschriften verlangt. Dies geschah mit dem Ziel, der Arbeitslosigkeit im Bausektor bei gleichzeitig rückläufiger Tarifbindung, also einer sinkenden Zahl von tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen zu begegnen.
So standen etwa in Berlin die ortsansässigen Bauunternehmen, die an Tarifverträge auf westdeutschem Lohnniveau gebunden waren, unter dem Druck brandenburgischer Konkurrenten, für die gar keine oder weniger „teure“ ostdeutsche Entgelttarifverträge galten. Auch hatten Berliner Unternehmen ihren Sitz der Tarife wegen nach Brandenburg verlegt.
Die Berliner Verwaltungspraxis rief das Bundeskartellamt auf den Plan, das diese Tariftreueregelungen für kartellwidrig erklärte. Das Land Berlin erhob gegen diese Entscheidung Beschwerde vor dem Kammergericht.
Mit der Transposition des Vergaberechts in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf der Grundlage der europäischen Vergaberichtlinien für Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte durch das Vergaberechtsänderungsgesetz am 1. Januar 1999 durften „andere oder weitergehende [als die im Gesetz vorgesehenen] Anforderungen“ an Auftragnehmer nur noch aufgrund eines über ein Bundes- oder Landesgesetzes gestellt werden: Nach § 106 Abs. 4 2. Hs. GWB a. F. musste die Berliner Verwaltungspraxis also in Gesetzesform gegossen werden.
Auf dieser Grundlage wurde 1999 das Berliner Vergabegesetz verabschiedet. Bayern und das Saarland folgten 2000.
Verfahren und Wirkungsmechanismus
Tariftreueregelungen sind Vorschriften, die die Bieter in einem förmlichen Vergabeverfahren verpflichten, mit ihrem Angebot eine so genannte Tariftreueerklärung abzugeben, in der sie vertraglich zusichern, ihren zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistungen beschäftigten Arbeitnehmern die in Bezug auf Branche und Arbeitsort geltenden tarifvertraglich festgelegten Entgelte zu zahlen oder andere tarifvertraglich festgelegte Arbeitsbedingungen einzuhalten.
Subunternehmerklausel
Alle landesrechtlichen Tariftreueregelungen enthielten neben der Pflicht zur Tariftreue auch eine so genannte Nachunternehmerklausel. Danach musste der Auftragnehmer seine Subunternehmer wiederum zur Tariftreue verpflichten.
Bestimmung des einschlägigen Tarifvertrags
Die Bestimmung des anzuwendenden einschlägigen Tarifvertrags verlief unterschiedlich und warf in vielen Fällen erhebliche Auslegungsprobleme auf.
Besonders in den älteren Regelungen ging der Gesetzgeber offenbar von landesweiter Tarifeinheit aus, jüngere Vorschriften sahen länderspezifisch unterschiedliche Auswahlkriterien für bestimmte Behörden oder die vergebende Stelle selbst vor. Ansonsten wurde das Ermessen, das Tariftreueregelungen den meisten Behörden einräumen, nicht ausgeübt. Problematisch konnte auch sein, den Kreis der erfassten Arbeitnehmer zu bestimmen.
Kontrolle
Um die Einhaltung der Tariftreueregelung zu gewährleisten, sahen die Landesgesetze Kontrollrechte für den Auftraggeber und Nachweispflichten für den Auftragnehmer vor. Im Falle eines Verstoßes behielt sich die öffentliche Hand teilweise ein Sonderkündigungsrecht vor, konnte den Auftragnehmer mit einer Vertragsstrafe belegen oder für längere Zeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen.
Rechtsnatur der Tariftreueerklärung
Die Tariftreueerklärung des Auftragnehmers selbst begründete schuldrechtlich eine Nebenpflicht im privatrechtlichen Vergabevertrag. zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. Ein eigenes Forderungsrecht der Arbeitnehmer auf Vergütung nach dem im Vergabevertrag vereinbarten Entgelttarifvertrag im Sinne des echten Vertrags zugunsten Dritter nach den §§ 328 ff. BGB entsprach nicht dem Willen der Vertragsparteien und war mit dem Wesen des Vergabevertrags (mit Vertragsstrafen und Vergabeverboten) nicht vereinbar. Es handelte sich somit um einen unechten Vertrag zugunsten Dritter.
Konstitutive und deklaratorische Tariftreueerklärungen
Dabei ist lt. Böckler-Stiftung zwischen so genannten konstitutiven und lediglich deklaratorischen Tariftreueerklärungen zu unterscheiden.
Bei einer deklaratorischen Tariftreueerklärung verpflichtet sich der Unternehmer nur, seinen Arbeitnehmern im Falle beiderseitiger Tarifbindung das tariflich geschuldete Arbeitsentgelt zu zahlen. Die ohnehin bestehende Verpflichtung aus der normativen Wirkung des Tarifvertrags wird also durch vertragliche (Sonderkündigungsrecht, Vertragsstrafe) und vergaberechtliche (Auftragssperre) Sanktionen flankiert.
Konstitutive Tariftreueregelungen hingegen binden auch tariflich nicht gebundene Auftragnehmer. Der Begriff der „Treue“ ist in diesem Zusammenhang daher irreführend. Eine tatsächliche Erstreckung der normativen Wirkung eines Tarifvertrags auf die Arbeitsverhältnisse wie bei einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG oder einer Erstreckung durch Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz erfolgt nicht.
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